Der Titel der gemeinsamen Ausstellung „rage against the dying of the light“ von Kathrin Thiele und Marco Wagner ist zurückzuführen auf ein Gedicht von Dylan Thomas. Dieses berühmteste der Gedichte des 1914 geborenen walisischen Dichters erschien 1951 [entstanden bereits 1947]. Das Gedicht ist eine titellose Villanelle, in der Dylan Thomas eine traditionelle lyrische Form mit einem rebellischen Inhalt vereint. Adressiert an den sterbenden Vater des Dichters, ist es die Aufforderung sich dem nahenden Tod nicht „sanft“ zu ergeben, sondern sich mit Wut dagegen aufzulehnen, ein gnadenlos ehrlicher, persönlicher Versuch, sich mit dem unvermeidlichen Sterben auseinander zu setzen. Ungewöhnlich daran ist sicher seine widersprüchliche Wortwahl, sein Aufruf zu wüten gegen den Tod, den er [fast versöhnlich] als „die gute Nacht“ beschreibt.
Diese Ambivalenz findet sich auch in Kathrin Thieles experimenteller Malerei, in der sich gesprayte und gemalte Elemente in diversen Schichten überlagern und ineinander verzahnen. In der explosionsartigen, polyrhythmischen Dynamik der Arbeiten zeichnet sich zunächst die Wut ab. Thieles Bilder kommen nicht zur Ruhe, toben und kämpfen mit leuchtenden, scharfkantigen Blitzen gegen den dunklen, unbestimmten Raum. Gleichzeitig steckt in diesem Prozess des Auseinanderfallens eine eigenwillige, aggressive Schönheit, die eher den Eindruck von Transformation als endgültige Stasis suggeriert.
Marco Wagner stellt in seinen Arbeiten dagegen die Frage, ob man sich überhaupt in den letzten Stunden und Tagen des irdischen Daseins wütend und auflehnend zeigen soll. Er macht den Forderungen Dylan Thomas' das Gegenangebot, Frieden zu schließen, sich liebend zu verabschieden und noch einmal den Blick auf die Schönheit des Lebens zu werfen. Vielleicht sogar lächelnd mit einem kleinen Augenzwinkern die große Bühne zu verlassen.
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